Sonntag, 31. Oktober 2010

Nach dreizehn Monaten Afrika


11000 Fuß, Likoma hinter und Makanga vor mir. Alles was vor ein paar Wochen noch ein kleines Wölkchen war, wächst langsam aber sicher zu einem großen, turbulenten Abenteuer heran. Noch kann ich bedenkenlos quer durch die Ansammlungen kleiner Wassertröpfchen hindurch fliegen ohne mir Sorgen machen zu müssen. Außer etwas regen und mittelstarkem Auf und Ab, Links und Rechts bekommt man nichts ab. Für mich ist es die beste Jahreszeit um zu fliegen. Wolken sind in meinen Augen faszinierende Naturerscheinungen, die einem die Aussicht nur versüßen. Wunderschön, aber mit dem nötigen Respekt zu behandeln. Es ist Nachmittag und ich habe nicht nur den Wind, sondern auch die untergehende Sonne im Rücken. Normalerweise würde ich jetzt einen angenehm langsamen Sinkflug einleiten, aber nicht heute, nicht auf diesem Flug. Denn ich habe weder Fracht noch Passagiere an Bord. Nach einer Stunde Flug entlang der Seeküste und Mosambik , entschließe ich mich die Nase nach unten zu drücken um schneller in Bodennähe zu sein als sonst. Das Südliche Ende des Lake Nyasa wird durch einen Fluss mit dem um einiges kleineren Lake Malombe verbunden. Dieser endet wiederum im Shire River, welcher mich direkt nach Makanga leiten wird. Noch einmal, ein letztes mal will ich den Luftraum Afrikas ganz für mich beanspruchen, machen was ich will, die absolute Freiheit des Fliegens hier genießen. Vorbei an den vielen Fischerdörfern, den Flusspferden, den kleinen Fischerbooten. Kinder kommen aus den Häusern gelaufen um mir zuzuwinken, Menschen schauen nach oben (naja, manchmal auch zur Seite!) und je näher ich an mein Ziel komme umso vielfältiger wird auch die Tierwelt. Elefanten kühlen sich im Wasser ab, Antilopen erblicken mein Flugzeug und ergreifen die Flucht oder bleiben einfach nur regungslos stehen, Vögel aller Art begleiten mich, die Luft im Cockpit wird wärmer und wärmer. Noch eine Meile, Steilkurve links, tiefer Überflug über den Strip, eine Platzrunde, Landung.
Ich habe mich gefragt, wie ich diesen letzten, den finalen Blog am besten anfangen soll. Eigentlich wollte ich es auch so lange wie nur möglich hinauszögern, doch plötzlich war es mir klar. Dann, wenn ich am besten drauf bin und die Emotionen hoch sind. Nach einem wunderschönen, unbeschreiblichen Flug wie diesem, beim Sonnenuntergang im Busch. Und so ist es auch. Glaubt es mir oder auch nicht, aber ich sitze am gold scheinenden Fluss, das letzte Licht verschwindet bald hinter den schön geformten Wolken und ich bin umgeben von den verschiedensten Tierlauten und Flusspferde relaxen ein paar Meter vor mir im Wasser. Genau so soll es sein, kein bisschen anders! Ein von Problemen freier Geist, der seinen Leuten zu Hause noch ein letztes mal versucht zu beschreiben wie es hier ist, wie es sich anfühlt, wie dieses Land, dieser Kontinent auf einen einwirkt. Prägend und intensiv wie ein Narkotikum, einmal infiziert, einmal erlebt und es lässt dich nie wieder los. Afrika ist die Schule des Lebens und ich für meinen Teil, habe unersetzbare Erfahrungen gemacht. Menschlich und in der Luft. Habe fremde Kulturen kennengelernt und neue Freunde gewonnen, erfahren wie es ist, etwas das man liebt hinter sich zulassen um den Sprung ins Unbekannte zu wagen, große Verluste gemacht und vieles dazu gewonnen. Großes Leid und große Freude gesehen. Miterlebt, wie man aus nichts, doch etwas macht. Und für das alles, will ich auch hier noch einmal ganz besonders meinen Eltern danken! Ohne euch wäre es mir nie möglich gewesen, all dies zu erleben. Vielen Dank, dass ihr mich immer unterstützt und mir geholfen habt, meinen Kindheitstraum zu leben! Wie viele können das von sich behaupten?
Es war ein faszinierendes, fantastisches Jahr mit einer tollen Crew. Fünf (natürlich verantwortungsbewusste) Draufgänger, die alle auf der Suche nach dem gleichen Abenteuer waren. Verrückte und unvergessliche Zeiten waren dabei. Wir haben zusammen gegessen und getrunken, gefeiert und gewartet, gelitten und getanzt. Wir haben gemeinsam geflucht gestaunt und gelebt und sind zusammen geflogen. Es waren, um nicht um den heißen Brei zu schreiben, einfach genialste, geilste Flüge dabei, manchmal aber auch unangenehme oder schweißtreibende. Der hohe Puls war immer dabei, was auch immer ihn angetrieben hat. Seien es die Freiheiten die man hier in einem Flugzeug genießen kann oder die atemberaubende Landschaft, die tollen Orte die wir anfliegen oder die anspruchsvollen Airstrips, die verschiedensten Farb- und Lichtvariationen bei den Nachmittags- und Morgenflügen oder doch das teilweise extreme Wetter. Kein Flug war wie der andere und nicht einmal habe ich mir in diesem Jahr gedacht ich habe keine Lust einzusteigen. Es sei denn Blitze schlugen neben einem ein und Regentropfen so groß wie fünf europäische gemeinsam prasselten auf die rote afrikanische Erde herunter.
Jetzt heißt es langsam packen, denn ich bin noch bis zur letzten Minute mit Flügen eingedeckt und bis Dienstag bleibt mir nicht mehr viel Zeit.
Kurz und schmerzlos möchte ich mich bei allen bedanken, die meinen Blog bis jetzt verfolgt haben und hoffe, dass es vielen den Mund wässrig gemacht hat. Überlege nicht lange, pack deine Sachen und steig ins Flugzeug. Afrika ist nicht nur eine attraktive Urlaubsdestination, sondern beschert dir, wenn du es zulässt, ein Abenteuer fürs Leben, ermöglicht es dir die Welt ein wenig mit anderen Augen zu sehen und bleibt dir für immer in Erinnerung!

Auf mich wartet schon das nächste Abenteuer, fernab der Wirklichkeit Afrikas. Doch das letzte Kapitel wurde noch nicht geschrieben, dazu ist das Leben zu kurz und dazu vermisse ich diese Welt jetzt schon zu sehr. 

Heiße Grüße aus Malawi
Tionana!

Ferenc Merker
























Anbei ein paar zufällig ausgewählte Fotos des letzten Jahres!


























































































































































































































































































































































































































































































Dienstag, 19. Oktober 2010

Hot Hot Hot!


Ich weiß nicht wieso, aber je näher das Ende meines Afrikadaseins heranrückt, umso schwerer fällt es mir an meinem Blog zu schreiben. Ist es der Abschiedsschmerz oder vielleicht doch die immer noch sehr intensiven Eindrücke die ich jeden Tag aufs Neue erlebe und vor lauter staunen so wenig wie möglich am Laptop sitzen möchte? Vielleicht ist es aber auch beides. Dazu kommt noch, dass wir wirklich sehr viel in der Luft sind und den Rest der Zeit versuchen produktiv zu nutzen. Sprich mit den Freunden einen trinken gehen oder einfach nichts tun!
Die letzten Wochen hatte ich das Glück, noch einmal an all die schönen Orte zu kommen die wir anfliegen. Nord Ost Süd und West, von heiß zu kühl und von Steppe zu Wald. Angefangen hat diese Woche mit 46 Grad und Winden die dir die Augen herauszubrennen scheinen. Ich spreche von Makanga, dem wahrscheinlich heißesten Ort Malawis. Man merkt, der Sommer steht vor der Türe, die Wolken werden langsam aber sicher größer und die Hitze macht sich bemerkbar ist aber noch lange nicht am peak. Warm war es hier ja durchgehend, aber ich hatte vergessen wie extrem es hier in Afrika werden kann. Ein paar Nächte durfte ich im Liwonde National Park im Süden Malawis verbringen, diesmal in einem Zelt, gehört auch dazu. Doch die 46 sind dann schon leicht zu 60 Grad geworden, was mir den Schlaf geraubt hat. Zusätzlich hatte die Hitze zwei Komplizen um mich wach zu halten. Moskitos und Elefanten. Fangen wir bei den Stechern an. Während der letzten Trockenzeit ist die Anzahl der Blutsauger zurückgegangen und das Thema Malaria war nicht ganz so ernst zu nehmen wie sonst (trotzdem stets präsent), aber jetzt wo die Temperatur wieder steigt kommen sie aus allen Löchern und vor einem Zelt machen sie nicht halt. Aber okay, auch damit muss man leben wenn man in diesen Breiten des Äquators lebt. Aber! Der wahre Grund wieso ich wirklich die ein oder andere Stunde wach in meinem Zelt gelegen bin war von größerer Herkunft. Unsere lieben, süßen, friedlichen Dickhäuter, die ich so gerne beobachte und fotografiere sind mir dieses mal eher auf den Zeiger anstatt ins ans Herz gegangen. Tatort: Campside Mvuu Lodge Betroffene: das gesamte Camp Täter: Dumbo!
Ich fliege über dem Busch Afrikas, gemeinsam mit Falken und Adlern, benötige nicht einmal ein Flugzeug. Die Luft weht mir ins Gesicht und ich lausche gespannt den Worten des Fisheagles der heute mein wingman ist. Bäume brechen und ich habe lautes Geschmatze in meinem Ohr. Wieso aber höre ich das hölzerne Brechen von Ästen und diese ungustiösen Laute wenn ich 10000 Fuß über Grund bin? Okay, alles klar, ich habe geträumt. Doch ich höre immer noch Geräusch die sich nach Verwüstung anhören! Elefanten. Doch näher als sonst, nicht vor der Linse sondern vor meinem Zelt. Auch wenn sie sehr freundlich aussehen, spiele nicht mit dem Temperament eines Elefanten. Deswegen bleibe ich still liegen und rege mich nicht. Denn auch wenn Dumbo dich nicht mit Absicht niedertreten will und einfach auf dich los geht, wenn er erschrickt weiß man nie was durch sein Erbsenhirn geht. Sie waren so nah an meinem Zelt dran, dass ihre Rüssel es streiften. So beängstigend es war ständig Äste brechen zu hören, so wunderbar war es zugleich. Ich meine wie oft hat man schon die Möglichkeit den Schmatzgeräuschen eines Elefanten zu lauschen. Aber das war es auch schon. Ihr tiefes Atmen, die Fressorgie und die Zerstörung der Natur rund um mein Zelt haben mich erahnen lassen um welches Tier es sich handelt. Sonst hörst du nichts, keinen Laut. Man möchte meinen die 7,5tonner bewegen sich unvorsichtig oder zumindest laut genug voran, sodass man sie einen Meter nebenan im Zelt hört, doch nichts… cool. Und wer sich jetzt fragt ob ich nicht Angst hatte, dass sie auf meinen Schlafplatz steigen: Nein, kein Elefant steigt einfach so ins Ungewisse. Hätte ich einen Apfel oder irgendwelche anderen Früchte bei mir gehabt, sähe alles schon wieder ganz anders aus. Dann wäre ich wahrscheinlich direkt von einem Rüssel aufgeweckt worden der in mein Zelt lugt.
Soviel zu Liwonde.
Sonst fange ich an mich zu verabschieden. Jeden einzelnen Tag. Versuche noch so viel wie möglich zu speichern um es in mein Leben nach Europa mitzunehmen. Genieße noch die Leichtigkeit zugleich aber auch Härte des Lebens hier in Afrika und hoffe, dass es kein Abschied für immer sein wird. Was diesen Blog angeht denke ich, dass dies hier mein vorletzter Eintrag war. Geschrieben habe ich für meine Familie und meine Freunde, aber auch für mich selber und alle Infizierten, all jene, die unter dem afrikanischen Fieber leiden.

Bis zum nächsten Post! Tionana!
















  










































































































  

Sonntag, 10. Oktober 2010

Die Uhr tickt!


Lange ists her und ich muss zugeben, ich habe ein schlechtes gewissen. Die letzten Tage, oder waren es doch Wochen, war ich etwas schleißig mit meinem Blog gewesen. Doch zu meiner Verteidigung muss ich sagen, ich sehr viel Geflogen bin und versuche natürlich in meiner Freizeit noch so viel mit meinen Freunden hier zu machen wie es geht.
Jedoch habe ich morgen wieder eine große Tour vor mir auf die mich meine Kamera wieder begleiten wird. Acht Tage später gibt es dann  hoffentlich einen interessanten Bericht kombiniert mit schönen Bildern!


Samstag, 2. Oktober 2010

Natur pur!


Die Zeit schwimmt so dahin und schon wieder ist eine Woche um. Viel habe ich in den letzten Tagen wieder nicht von Lilongwe gehabt, dafür aber umso mehr von der Wildnis Mosambiks und Sambias. Fünf Tage gings zwischen den verschiedensten Destinationen hin und her, von einem Hunting Camp ins nächste und von einem Nationalpark in den anderen. Es ist gut, dass ich in meinen letzten Wochen die ich hier noch verbringe so viel sehen kann wie nur möglich, teilweise auch Neues, neue Orte an denen ich noch nicht war.
Kafunta hieß die Lodge, in der ich zwei Tage in Sambia verbracht habe. Obwohl es mein erster Aufenthalt dort gewesen ist, wurde ich empfangen als würde ich zur Familie gehören. Betrieben wird sie von einer Deutschen und einem Australier, sehr, sehr nette Leute und sollte sich jemand fragen, wo er denn am besten hin soll falls er mal in der Gegend ist, kann ich Kafunta nur wärmstens empfehlen. Die Bilder sprechen denke ich für sich.


















Sonst kam ich wieder in den Genuss absolute, wahre und unberührte Natur zu erleben. So intensiv wie es nur geht. Es ist schon ein tolles Gefühl zu wissen, dass weit und breit keine Menschenseele aufzufinden ist. Zu wissen, man befindet sich auf einem Stückchen Erde, dass ausschließlich der Tierwelt gehört. Beherrscht ausschließlich von Instinkten.
Und ich sage euch, man schläft hier wie ein Baby! Denn die Geräusche des Buschs wiegen dich in den Schlaf wie das Gutenachtlied einer Mutter. Man glaub gar nicht, wie beruhigend fernes, dumpfes Löwengebrüll oder fünf verschiede Grilllaute auf einen einwirken können. Ganz abgesehen von den Kröten die im Fluss neben dir quaken und den Hippos die wie immer vor sich hin grölen. Ich habe übrigens gehört, dass genau diese Flusspferdlaute von einigen Psychologen zu therapeutischen Zwecken verwendet werden. Wieso genau weiß ich nicht, aber wie gesagt, es wirkt stark beruhigend und erinnert an ferne Länder.
Umso mehr, auch wenn ich das nicht schreiben sollte weil ich so manchem auf den Schlips trete (was mir ziemlich egal ist!), will es mir nicht in den Kopf, wieso man hier rumballert wie ein Wahnsinniger. Denn von mir wurden Jäger nach Mosambik geflogen und übernachtet habe ich in einem wunderschönen Camp namens Sable Camp. Ausgeflogen von dort habe ich ebenfalls Hunter, Amerikaner. Einen Herrn und seine holde Gattin. Thema Nummer eins war natürlich die Jagt. Nachmittags, zum Abendessen und in der Früh. Den genauen Akt der Niederstreckung eines Löwen durfte ich mir anhören. Ich konnte mich zurückhalten, denn immerhin waren es zahlende Gäste und Nyassa Air Taxi hat mit ihnen eine Menge Geld gemacht. Spaß hatte ich dann aber doch mehr, als ich mich zurückgezogen und die stille genossen habe. Liebe Leute, ich kann verstehen, wenn man der Natur etwas nachhilft und in gewissen Gebieten Tiere schießt, dessen Population ganz einfach übergeht. ABER, um einen Leoparden, eines der schönsten, mysteriösesten und graziösesten Lebewesen dieser Erde, einen Löwen, oder sonstige hier lebende Tiere, egal welche!, zu schießen, muss man ein zurückgebliebener Neandertaler sein, der nicht lange genug von seiner Mutter gesäugt wurde. Menschen sind hier nur zu gast, sie haben hier im Grunde nichts zu suchen und ich lasse mir von niemandem einreden, dass es einen Sinn macht hier etwas zu schießen. Die Natur hat sich hier selber im Griff, alles hat seinen Lauf.  Sollte sich jemand durch meine Meinung verletzt fühlen, kann ich ihm leider auch nicht weiterhelfen. Vielleicht aber unsere auf die Seele einwirkenden Flusspferde. Übrigens, ein abgeschossener Löwe kostet zwischen 30 und 150 tausend US Dollar. Botswana kämpft gerade damit, seine Löwenpopulation wieder aufzupeppeln, Sambia muss eine Jagdsperre erlassen, da sie mit dem selben Problem zu kämpfen haben und wieso? Ja, Wilderei ist eine Sache, aber reiche Touristen mit dem Tod eines Tieres zu befriedigen eine andere. In Malawi gibt es auch zu viele Menschen, fangen wir deswegen an sie nach der Reihe abzuknallen? Geben wir sie deswegen zum Abschuss frei?

Vielen Dank und genießt diese schönen Fotos. Oder sagen wir, die Fotos dieser Schönheit!