11000 Fuß, Likoma hinter und Makanga vor mir. Alles was vor
ein paar Wochen noch ein kleines Wölkchen war, wächst langsam aber sicher zu
einem großen, turbulenten Abenteuer heran. Noch kann ich bedenkenlos quer durch
die Ansammlungen kleiner Wassertröpfchen hindurch fliegen ohne mir Sorgen
machen zu müssen. Außer etwas regen und mittelstarkem Auf und Ab, Links und
Rechts bekommt man nichts ab. Für mich ist es die beste Jahreszeit um zu
fliegen. Wolken sind in meinen Augen faszinierende Naturerscheinungen, die
einem die Aussicht nur versüßen. Wunderschön, aber mit dem nötigen Respekt zu
behandeln. Es ist Nachmittag und ich habe nicht nur den Wind, sondern auch die
untergehende Sonne im Rücken. Normalerweise würde ich jetzt einen angenehm
langsamen Sinkflug einleiten, aber nicht heute, nicht auf diesem Flug. Denn ich
habe weder Fracht noch Passagiere an Bord. Nach einer Stunde Flug entlang der
Seeküste und Mosambik , entschließe ich mich die Nase nach unten zu drücken um
schneller in Bodennähe zu sein als sonst. Das Südliche Ende des Lake Nyasa wird
durch einen Fluss mit dem um einiges kleineren Lake Malombe verbunden. Dieser endet
wiederum im Shire River, welcher mich direkt nach Makanga leiten wird. Noch
einmal, ein letztes mal will ich den Luftraum Afrikas ganz für mich
beanspruchen, machen was ich will, die absolute Freiheit des Fliegens hier
genießen. Vorbei an den vielen Fischerdörfern, den Flusspferden, den kleinen
Fischerbooten. Kinder kommen aus den Häusern gelaufen um mir zuzuwinken,
Menschen schauen nach oben (naja, manchmal auch zur Seite!) und je näher ich an
mein Ziel komme umso vielfältiger wird auch die Tierwelt. Elefanten kühlen sich
im Wasser ab, Antilopen erblicken mein Flugzeug und ergreifen die Flucht oder
bleiben einfach nur regungslos stehen, Vögel aller Art begleiten mich, die Luft
im Cockpit wird wärmer und wärmer. Noch eine Meile, Steilkurve links, tiefer Überflug
über den Strip, eine Platzrunde, Landung.
Ich habe mich gefragt, wie ich diesen letzten, den finalen
Blog am besten anfangen soll. Eigentlich wollte ich es auch so lange wie nur
möglich hinauszögern, doch plötzlich war es mir klar. Dann, wenn ich am besten
drauf bin und die Emotionen hoch sind. Nach einem wunderschönen,
unbeschreiblichen Flug wie diesem, beim Sonnenuntergang im Busch. Und so ist es
auch. Glaubt es mir oder auch nicht, aber ich sitze am gold scheinenden Fluss,
das letzte Licht verschwindet bald hinter den schön geformten Wolken und ich
bin umgeben von den verschiedensten Tierlauten und Flusspferde relaxen ein paar
Meter vor mir im Wasser. Genau so soll es sein, kein bisschen anders! Ein von
Problemen freier Geist, der seinen Leuten zu Hause noch ein letztes mal
versucht zu beschreiben wie es hier ist, wie es sich anfühlt, wie dieses Land,
dieser Kontinent auf einen einwirkt. Prägend und intensiv wie ein Narkotikum,
einmal infiziert, einmal erlebt und es lässt dich nie wieder los. Afrika ist
die Schule des Lebens und ich für meinen Teil, habe unersetzbare Erfahrungen
gemacht. Menschlich und in der Luft. Habe fremde Kulturen kennengelernt und
neue Freunde gewonnen, erfahren wie es ist, etwas das man liebt hinter sich
zulassen um den Sprung ins Unbekannte zu wagen, große Verluste gemacht und
vieles dazu gewonnen. Großes Leid und große Freude gesehen. Miterlebt, wie man
aus nichts, doch etwas macht. Und für das alles, will ich auch hier noch einmal
ganz besonders meinen Eltern danken! Ohne euch wäre es mir nie möglich gewesen,
all dies zu erleben. Vielen Dank, dass ihr mich immer unterstützt und mir
geholfen habt, meinen Kindheitstraum zu leben! Wie viele können das von sich
behaupten?
Es war ein faszinierendes, fantastisches Jahr mit einer
tollen Crew. Fünf (natürlich verantwortungsbewusste) Draufgänger, die alle auf
der Suche nach dem gleichen Abenteuer waren. Verrückte und unvergessliche Zeiten
waren dabei. Wir haben zusammen gegessen und getrunken, gefeiert und gewartet,
gelitten und getanzt. Wir haben gemeinsam geflucht gestaunt und gelebt und sind
zusammen geflogen. Es waren, um nicht um den heißen Brei zu schreiben, einfach
genialste, geilste Flüge dabei, manchmal aber auch unangenehme oder
schweißtreibende. Der hohe Puls war immer dabei, was auch immer ihn angetrieben
hat. Seien es die Freiheiten die man hier in einem Flugzeug genießen kann oder
die atemberaubende Landschaft, die tollen Orte die wir anfliegen oder die
anspruchsvollen Airstrips, die verschiedensten Farb- und Lichtvariationen bei
den Nachmittags- und Morgenflügen oder doch das teilweise extreme Wetter. Kein
Flug war wie der andere und nicht einmal habe ich mir in diesem Jahr gedacht
ich habe keine Lust einzusteigen. Es sei denn Blitze schlugen neben einem ein und
Regentropfen so groß wie fünf europäische gemeinsam prasselten auf die rote
afrikanische Erde herunter.
Jetzt heißt es langsam packen, denn ich bin noch bis zur
letzten Minute mit Flügen eingedeckt und bis Dienstag bleibt mir nicht mehr
viel Zeit.
Kurz und schmerzlos möchte ich mich bei allen bedanken, die
meinen Blog bis jetzt verfolgt haben und hoffe, dass es vielen den Mund wässrig
gemacht hat. Überlege nicht lange, pack deine Sachen und steig ins Flugzeug.
Afrika ist nicht nur eine attraktive Urlaubsdestination, sondern beschert dir,
wenn du es zulässt, ein Abenteuer fürs Leben, ermöglicht es dir die Welt ein wenig
mit anderen Augen zu sehen und bleibt dir für immer in Erinnerung!
Auf mich wartet schon das nächste Abenteuer, fernab der
Wirklichkeit Afrikas. Doch das letzte Kapitel wurde noch nicht geschrieben,
dazu ist das Leben zu kurz und dazu vermisse ich diese Welt jetzt schon zu sehr.
Heiße Grüße aus Malawi
Tionana!
Ferenc Merker
Anbei ein paar zufällig ausgewählte Fotos des letzten
Jahres!